Das rote Band ist durchgeschnitten, der Balkon ist freigegeben. Christa und ich haben nach allen Seiten hinuntergesehen und die der Jahreszeit entsprechende Blumenausschmückung bewundert. Jetzt locken Kaffee und Kuchen in dem Raum, der während unserer Schulzeit das Musikzimmer gewesen ist. Der Andrang ist groß, und rasch sind die eng beieinander stehenden Tische und Stühle besetzt, doch man rückt gern noch etwas enger zusammen, quetscht noch einen Stuhl dazwischen und reicht Kaffeetassen und Kuchenteller weiter. Bald füllt vergnügtes Stimmengewirr den Raum, das immer wieder von fröhlichem Lachen übertönt wird. Man blickt sich um, entdeckt bekannte Gesichter, winkt sich zu, ruft ein Grußwort hinüber und läßt sich von dieser locker-leichten Stimmung tragen. Auch Christa in ihrer Blindheit spürt die freundlich-fröhliche Atmosphäre und fühlt sich mit einbezogen. Von Fotos und Plakaten, dicht an dicht auf der hellen Wand angebracht, blicken unsere ehemaligen Lehrkräfte zu uns herüber, schaut Ubbchen mit ihrem gütigen Gesicht auf uns herab. Weißt Du noch, daß Ubbchen, wenn wir mit der Klasse unterwegs waren und Regen drohte, immer zu sagen pflegte: „Es wird wesentlich heller und heller“, und meistens behielt sie recht.
Bei all dem munteren Erzählen wandern die Gedanken von Christa und mir zurück. „Weißt Du“, sagt Christa, „wenn ich mich in diesen Raum zurückversetze, erlebe ich ihn als Zufluchtsort einer Mutter, die mit ihren drei kleinen Kindern im März ’45 dem brennenden Dresden entkommen war.“ Ich sehe mich wieder in unserem alten Musikzimmer sitzen. „Kannst Du Dich noch darauf besinnen, wie schön es mit seinem neuen Anstrich aussah? Da waren oben auf der hellen Wand mit schwarzer Farbe Notenlinien gemalt, deren Noten die Anfänge von Mozarts ‚Die kleine Nachtmusik‘ und von Beethovens ‚Pathétique‘ wiedergaben. Und ein Motiv gab es da noch, doch das hab ich vergessen.“ Auf einem Podest stand der Flügel und daneben die Tafel mit den Notenlinien. Und wir saßen auf langen schmalen Holzbänken mit ihrer schon recht abgewetzten grünlichen Farbe. Sie waren scheußlich unbequem.
Und dann das Foto von unserem alten Lehrerkollegium. Jeder einzelne von ihnen steht plötzlich wieder vor uns beiden, „Osterwald“ wie immer mit seiner breiten auffällig buntgemusterten Krawatte, die wir in seinem Unterricht so intensiv bestaunt haben. „Erinnerst Du Dich noch, daß er nie die Treppen hinunterging? Eigentlich haben wir ihn bewundert, denn treffsicher sprang er die Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf einmal, und während unserer neun Jahre Wilhelm-Raabe-Schule ist nie etwas passiert.“ Viele Erinnerungen sind wieder wach geworden, vermischen sich mit dem heutigen Erleben, und die Freude, dabei gewesen zu sein, nehmen wir mit nach Hause.
Christa von Woedtke, Marlis Kruse
Sehr geehrte Frau Dr. Reinhardt-Drischler, sehr geehrter Herr Koch, sehr geehrter Herr Nissen, sehr geehrter Herr Schnare, sehr geehrte Frau Dr. Oppermann, sehr geehrte ehemalige, liebe jetzige Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Wilhelm-Raabe-Schule, sehr geehrte Eltern, sehr geehrte Gäste, es ist heute ein Freudentag für die Wilhelm-Raabe-Schule!
Ein Balkon wird ge-öffnet, er-öffnet; der Balkon hier im ersten Stock unserer Schule, der ein angenehmer Aufenthaltsort bei vielen Gelegenheiten zu werden verspricht. Dafür war ein bedeutender finanzieller Einsatz erforderlich – wir danken dem „Bund der Ehemaligen der Wilhelm-Raabe-Schule“ und wir danken der Stadt Lüneburg sehr herzlich dafür, dass sie diesen Ausbau in gemeinsamer Anstrengung möglich gemacht haben.
Ein Balkon war immer ein besonderer Ort, verbindet er doch, aus einem oberen Stockwerk den unmittelbaren Austritt ins Freie gestattend, das Drinnen eines Gebäudes mit dem Draußen, und ist er dabei doch häufig genug auch noch die besondere Zierde eines Bauwerks.
In der Geschichte und in der Literatur haben Balkone eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Viele wichtige historische Ereignisse haben von einem Balkon ihren Ausgang genommen, worüber man sicher einen sehr langen Vortrag halten könnte. Das will ich hier natürlich nicht tun. Wohl aber möchte ich erinnern an einen literarischen Text, an Schillers Ballade „Der Handschuh“, wo „rings auf hohem Balkone / Die Damen in schönem Kranz“ dem Kampfspiel der Löwen, Tiger, Leoparden zuschauen, bis das Fräulein Kunigund den Ritter, der sie verehrt, spottenderweis zu einer Heldentat herausfordert: „Da fällt von des Altans Rand / Ein Handschuh von schöner Hand / Zwischen den Tiger und den Leu’n / Mitten hinein.“ Der Ausgang ist bekannt; nach erfolgreich absolvierter Heldentat verschmäht der Ritter die zuvor Verehrte. Für uns als zukünftige Balkonnutzer dürfte dabei etwas ganz Anderes von besonderem Interesse sein, nämlich dass Schiller uns hier mit einem zweiten Begriff für den Balkon bedient: Altan!
Der Große Meyer von 1906 liefert eine feine Unterscheidung: Zwar handle es sich grundsätzlich um Synonyme, jedoch merkt er für den Balkon an, dass dieser „gewöhnlich frei auf Auskragungen oder Balkenvorsprüngen ruht“, während der Altan als „herausgebauter, mehr oder weniger offener Teil eines Gebäudes“ zu gelten habe. Sollten wir also zukünftig, wenn wir dorthin blicken, nicht besser von unserem Altan sprechen?
Doch gemach! Für den der heimischen Mundart Mächtigen stellt sich da rasch noch ein dritter Begriff ein: nämlich Söller. Beschrieben als „Vorplatz im oberen Stockwerk eines Hauses“, ist ein Söller offensichtlich genau das, was wir hier vor uns haben. Wir können also wählen: wer es mit der Begrifflichkeit ganz genau nehmen will, spricht von Altan oder Söller, wem die feinen Unterschiede weniger wichtig sind, bleibt bei Balkon.
In jedem Fall sollte dies ein Ort werden, wo man sich freundlich und offen begegnet, wo man nicht – wie jene Dame Kunigund – Böses im Schilde führt, sondern rücksichtsvoll und pfleglich miteinander und mit dem Geschenk umgeht und die Folgen seines Handens – gerade auch im Blick auf jene, die sich unten befinden – immer im Auge hat.
Ich spreche gewiss für alle zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer, wenn ich sage, dass unserer Schule hier ein schöner offener Raum zugewachsen ist, für dessen Herrichtung wir sehr dankbar sind und auf dessen Einbeziehung in unser Schulleben wir uns sehr freuen. Deshalb feiern wir heute auch ein Schulfest, zu dessen Gelingen sehr viele Klassen und Gruppen beitragen wollen und das gewiss ein großer Erfolg werden wird!
Zunächst aber noch einmal im Namen der Wilhelm-Raabe-Schule herzlichen Dank dem „Bunde der Ehemaligen“ und der Stadt Lüneburg!
„Dieser Balkon wurde mit Hilfe des Bundes der Ehemaligen der Wilhelm-Raabe-Schule zu Lüneburg aus Anlaß des 75jährigen Bestehens des Bundes restauriert und zugänglich gemacht. Oktober 2001.“
Frau Dr. Reinhardt-Drischler spricht anläßlich der Eröffnung der Caféteria.
Großer Andrang herrscht bei der Eröffnung der Caféteria.
Haben Sie Interesse mitzumachen, Kontakte zu pflegen und neue Leute aus allen Generationen kennenzulernen, "Ihre" Schule zu unterstützen und die Chancen junger Leute zu verbessern?
Dann werden Sie doch Mitglied beim Bund der Ehemaligen.
Schon für EUR 10,–/Jahr sind Sie dabei!
Mitgliedsantrag (Postkarte) als PDF laden.
Die Ehemaligen unterstützen die Schule ja bekanntlich oft mit großzügigen Geldbeträgen. Was ganz detailliert mit dem Geld gemacht wird, bleibt ja oft leider unbekannt, darum möchte ich diese Gelegenheit nutzen, ein Projekt vorzustellen, das von den Ehemaligen der WRS gesponsort wurde:
Mit den "Libanesen" vor dem Reichstag
Im Mai des vergangenen Jahres brachen zehn Raabe-Schüler sowie ihr betreuender Lehrer Herr Bollen, zu einem Austauschprojekt in den Libanon auf. Doch nicht nur ein Austausch zwischen zwei Kulturen und das Gewinnen neuer Eindrücke, wie bei sonstigen Austauschprogrammen, stand dabei im Vordergrund: Diesmal sollte in Zusammenarbeit zwischen den WRS-Schülern und den Schülern zweier libanesischer Schulen ein gemeinsames europäisch-arabisches Schülermagazin entstehen.
In Berlin gab es für die libanesischen Gäste und die Raabe-Schüler viel zu sehen
Dieses Magazin sollte natürlich Unterschiedliches aber vor allem auch die vielen Gemeinsamkeiten beider Kulturkreise aufzeigen. Damit nicht nur die deutschen Schüler einen Eindruck von einer anderen Welt bekommen konnten, durfte natürlich auch ein Gegenbesuch der Libanesen in Lüneburg an der Wilhelm-Raabe-Schule nicht fehlen. Und um unseren Gästen, die natürlich als Beiruter das Leben in einer Millionenstadt gewöhnt sind, auch etwas anderes zu bieten als die Schönheit unseres beschaulichen Lüneburgs, unternahm man so manchen Ausflug. Einer dieser Ausflüge führte uns in unsere Hauptstadt, nach Berlin. Diese Fahrt wurde sehr großzügig von den Ehemaligen gesponsort und war im Nachhinein wohl der schönste Ausflug mit der Gruppe. Gemeinsam mit Frau Dr. Reinhardt-Drischler fuhren alle Gäste und ihre Gastgeber mit dem Bus nach Berlin, um sich z. B. die Humboldt-Universität oder auch das Checkpoint-Charly-Museum, welches auf sehr großen Anklang bei den Gästen stieß, anzusehen.
Natürlich durfte auch ein Besuch im Reichstag nicht fehlen, wo die Gruppe einer Parlamentssitzung beiwohnen und anschließend mit der Lüneburger Abgeordneten Marianne Tritz in eine Diskussion treten konnte. Von dieser Möglichkeit wurde reichlich Gebrauch gemacht und es stellte sich ein reges Interesse für deutsche Politik heraus. Die Rückfahrt wurde von vielen dafür genutzt, die spannenden Eindrücke zu verarbeiten, oder sich beim wohlverdienten Nickerchen von den vielen Wegen über das Berliner Pflaster zu erholen …
Natürlich bildete der Deutschlandbesuch der Libanesen nicht den Abschluss des Projektes, denn das Magazin musste ja auch noch fertig werden. Schließlich wollte man das gemeinsame Projekt auf dem Spiegel-Bildungsforum auf der Frankfurter Buchmesse präsentieren. Der Zeitdruck war groß, aber letztendlich konnte man das Projekt erfolgreich abschließen und sogar nochmal Teile der libanesischen Gruppe zur Präsentation nach Frankfurt einladen.
in freundschaftlichem Rahmen wurden Kontakte vertieft.
Bereits für den Mai diesen Jahres ist ein erneutes Libanon-Projekt der WRS geplant und man darf gespannt sein, wie sich das dann entwickeln wird, denn bereits bei dem ersten Projekt entstanden Freundschaften, die über das simple Zusammenarbeiten hinausgingen und -gehen.
Alexander Kausch
Anfang Februar fand wieder das alljährliche SV-Seminar in Meuchefitz statt. Gearbeitet wurde in diesem Jahr hauptsächlich an dem großen Themenkomplex Projektwoche. Diese „ProWo“ findet ja vom 4. bis zum 8.7. dieses Jahres unter dem Oberthema „Schule als Staat“ statt.
Dementsprechend entwickelten wir drei Verfassungsentwürfe, ein Konzept zur Information und Motivation von Schüler- und Lehrerschaft sowie viele weitere Gedanken und Ideen hierzu, deren erste Früchte bereits in der Schule sichtbar sind und die Projektwoche hoffentlich zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen.
Ein weitere Thema dieses Seminars war die Verbesserung des Schulklimas. So erarbeiteten einige von uns Möglichkeiten, wie beispielsweise der Informationsaustausch zwischen Schulleitung, Lehrern, Schülervertretung und Schülern verbessert werden könnte und so das Gefühl, „von Entscheidungen überrollt zu werden“ abgebaut werden könnte. Zu diesem Konzept gehört beispielsweise eine „speaker’s corner“, also eine Pinnwand, an der jeder Schüler und natürlich auch jeder Lehrer seine Gedanken zu verschiedensten Themen anpinnen kann und so vielleicht mit anderen über politische, philosophische oder andere Dinge ins Gespräch und in die Diskussion kommt.
Vielen Dank möchten wir noch einmal „den Ehemaligen“ sagen, die dieses Seminar mit ihrer großzügigen Spende erst möglich gemacht haben! Das Seminar hat uns allen nicht nur Spaß gemacht, sondern uns auch neue Impulse für das weitere Engagement an unserer Schule gegeben. Hoffentlich wird diese wertvolle Einrichtung des WRS-Seminars auch zukünftig beibehalten und uns weiterhin immer wieder neu motivieren, an unserer Schule etwas zu bewegen.
Hannes Sander